Wer tanzt, ist weniger neurotisch

10.06.2024 - Sowohl Hobby- als auch Profi-Tänzer und Tänzerinnen sind weniger neurotisch als Menschen, die nicht tanzen. Das belegen Studienergebnisse unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main. Tanzende zeigten ein hohes Maß an Offenheit sowie Extravertiertheit. Aber auch die Tanzform entscheidet.

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„Sag‘ mir, wie Du tanzt und ich sag‘ Dir, wer Du bist!“, singt die deutsche Popmusikerin Frida Gold und spricht Wahres. In einer Studie werteten Forschende Daten von 5.435 Personen aus Schweden und 574 Personen aus Deutschland aus. Untersucht wurden dabei die Big Five-Persönlichkeitsprofile „Offenheit“, „Gewissenhaftigkeit“, „Extraversion“, „Verträglichkeit“ und „Neurotizismus“.

„Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass wir eine hohe Anzahl an repräsentativen Stichproben aus zwei verschiedenen Ländern zusammenführt haben. Derlei Daten sind im Allgemeinen spärlich und bisherige Studien basieren oft auf kleinen Stichproben“, erklärt Seniorautor Fredrik Ullén, Direktor am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik.

In Schweden konnte das Forschungsteam auf Stichproben einer bereits bestehenden Datenbank zurückgreifen, die unter anderem Ergebnisse zum kreativen Engagement und der Tanzleistung der Teilnehmenden enthielt. Für die Erhebung der Daten aus Deutschland entwickelten die Forschenden eigens eine Online-Umfrage, die von Tanz-Institutionen breit beworben wurde.

Schon in früheren Studien wurde festgestellt, dass Musiker*innen verträglicher und offener gegenüber Mitmenschen sind als Nicht-Musizierende. In der aktuellen Studie bestätigte sich dies auch für Tänzer*innen. Allerdings fanden die Forschenden auch einen interessanten Unterschied zwischen beiden Gruppen heraus: Im Gegensatz zu Musiker*innen sind Tänzer und Tänzerinnen nicht neurotischer, sondern – im Gegenteil – weniger neurotischer als Menschen, die nicht tanzen.

„Generell weisen sowohl Tänzer*innen als auch Sänger*innen in ihrer Persönlichkeit ein hohes Maß an Extraversion auf – was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass beim Tanzen und Singen der eigene Körper als Ausdrucksmittel eingesetzt wird. Dies bedeutet, dass sie sie sich in einer sozial exponierteren Situation befinden als jemand, der sich zum Beispiel durch ein Instrument ausdrückt. Genauere Erklärungen für dieses Ergebnis müssen aber noch durch weitere Studien gefunden werden“, berichtet Erstautorin der Studie Julia F. Christensen .

Zudem fanden sich erste Hinweise, dass es Persönlichkeitsunterschiede zwischen Tänzer*innen verschiedener Tanzstile gibt. So schienen Swing-Tanzende noch weniger neurotisch zu sein als zum Beispiel Latein- und Standard-Tanzende. Doch dies gilt es noch anhand größerer Datenmengen zu bestätigen. Die Forschenden hoffen in der Zukunft, ihre Untersuchungen zur Persönlichkeit von Tänzer*innen auf weitere Kulturen und Tanzstile ausweiten zu können.

Originalveröffentlichung

Christensen, J. F., Wesseldijk, L., Mosing, M., Fayn, K., Schmidt, E., Blattmann, M., Sancho-Escanero, L., & Ullén, F. The Dancer Personality: Comparing Dancers and Non-Dancers in Germany and Sweden. Personality and Individual Differences, May 2024, Volume 222: 112603

Quelle: Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik