Zum Hintergrund: Am 27. Juli wurden in der Klaus-Ross-Klinik fünf Behandlungen durchgeführt. Der Verdacht besteht, dass die Patienten mit 3-Bromopyruvat behandelt wurden. Dabei handelt es sich um eine nicht als Arzneimittel zugelassene Substanz. Am 28. Juli ist nach einer Behandlung im Krebszentrum eine 55-jährige belgische Frau in Nimwegen verstorben, am Freitag ein Mann aus Apeldoorn und am 30. Juli eine Frau aus Wijk en Aalburg in Mönchengladbach. Weiter ist bekannt, dass zwei niederländische Frauen stationär in ein Krankenhaus aufgenommen wurden, die ebenfalls in diesem Krebszentrum behandelt wurden.
Noch ist nicht sicher, was genau geschehen ist. Ob die Todesfälle im Zusammenhang mit der Therapie oder als Folge der bösartigen Erkrankung eingetreten sind, muss erst noch, schlussendlich in der gerichtlichen Beweisaufnahme, geklärt werden.
Siegfried Kämper, Vizepräsident des BDH, hat sich mit dem Fall beschäftigt und Informationen aus den Pressmitteilungen der Behörden und Recherchen verschiedener Redaktionen mit in seine Bewertung einfließen lassen. Bis jetzt kann allerdings nur von Verdachtsfällen gesprochen werden, bisher hat kein Gericht die Vorwürfe verhandelt oder ein Urteil gesprochen. Vorausgesetzt alle Vorwürfe bestätigen sich, wären folgende Gesetzesverstöße denkbar.
Um den Sachverhalt besser beleuchten zu können, beschäftigt sich dieser Beitrag auch mit vermuteten Verstößen, die nicht im Kern der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dieses Falles stehen. Sie werden erörtert, um die Summe der Fehlhandlungen aufzuzeigen, u.a. gehört auch die Erwähnung des Praxisschilds dazu.
Das Praxisschild
Auf dem Praxisschild des Heilpraktikers K.R. steht „BKB Biologisches Krebszentrum Bracht“ und „BKB Biologische Krebsbehandlung Centrum Bracht“. Beides bewerten wir als Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz, Anlage zu § 12, Nr. A2, denn das Praxisschild eines Heilpraktikers zählt rechtlich zur Werbung im Sinne des HWG. Der Begriff Krebsbehandlung lässt Laien in irreführender Weise vermuten, dass eine Krebsbehandlung angeboten und beworben wird. Genau die Bewerbung aber verbietet das Heilmittelwerbegesetz (HWG).
Wir Heilpraktiker sollten unsere Bemühungen stets komplementär, niemals jedoch als Krebsbehandlung oder als „alternative Krebstherapie“ verstehen oder unseren Patienten gegenüber so kommunizieren. Das ist jedenfalls die erklärte Meinung des BDH zu dieser Fragestellung. Es gibt derzeit nicht nur aus unserer Sicht keine gesicherte Alternative zur Schulmedizin.
Nicht zugelassene Substanz verordnet
Herr K.R. hat seinen Patienten die Substanz 3-Bromopyruvat verabreicht, die auf dem deutschen Markt über keine Zulassung als Arzneimittel verfügt. Für diese Behandlung hat er offen auf seiner Website geworben. Ein klarer Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und andere Normen. Dabei ist es unerheblich, ob er sich die Substanz auf legalem Weg beschafft hat. Es gibt viele Substanzen die frei verkäuflich sind, aber trotzdem nicht (oder nur in bestimmten Verabreichungsformen) am Menschen angewendet werden dürfen. So kann z.B. Jod, obwohl es wegen seiner keimtötenden Eigenschaft in der topischen, äußerlichen Anwendung unumstritten ist, nicht von einem Therapeuten gespritzt werden, in der Annahme damit Keime im Körper töten zu können.
Herr K.R. hätte in jedem Fall die Herstellung eines Arzneimittels zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bei der zuständigen Bezirksregierung anzeigen müssen. Das ist aber nur innerhalb sehr enger Grenzen möglich. Die Bezirksregierung hätte mit hoher Sicherheit, bei korrekter Anzeige ein Verbot ausgesprochen bzw. den Amtsarzt oder Amtsapotheker auf Herrn K.R. aufmerksam gemacht. Lesen Sie nur mal im AMG nach, wie intensiv der Gesetzgeber den Einsatz von Substanzen, die sich im Zulassungsverfahren befinden, im Rahmen der zulässigen klinischen Prüfungen regelt.
Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen das Patientenrechtegesetz vor. Dieses schreibt vor, dass eine Behandlung nach anerkannten Standards zu erfolgen hat. Da es für die Anwendung von 3-Bromopyruvat keine Zulassung gibt, und damit auch keine Therapiestandards, ist der Verstoß gegen die Vorgaben auch dieses Gesetzes offensichtlich. Zudem gibt es ganz konkrete Vorgaben bezüglich der Aufklärung, Sorgfalt und Dokumentationspflicht, die – wie der Presse zu entnehmen ist – u.U. nicht eingehalten wurden.