Probiotika fördern die Reifung der Darmflora bei Frühgeborenen

12.08.2024 - Wissenschaftler*innen haben den Einfluss von Probiotika auf die Darmflora von Frühgeborenen untersucht. Ihre ersten Ergebnisse zeigen: Bifidobakterien und Lactobazillen konnten die Besiedlung mit multiresistenten Bakterien in den ersten 30 Lebenstagen nicht verhindern, förderten jedoch die Reifung des Mikrobioms.

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PRIMAL (steht für PRiming IMmunity At the beginning of LIFE – Prägung der Immunität am Anfang des Lebens) ist ein deutschlandweites Netzwerks von Expertinnen und Experten aus der Kinder- und Jugendmedizin und den Naturwissenschaften, die den Darm im Fokus ihrer Arbeit haben. In einer aktuellen Studie untersuchten sie die Wirksamkeit von Probiotika zur Vermeidung einer ungünstigen Darmbesiedlung bei Frühgeborenen.

Die Zusammensetzung der Darmflora zu Beginn des Lebens ist von entscheidender Bedeutung für die Prägung des Immunsystems und damit für die lebenslange Gesundheit. Frühgeborene sind besonders anfällig für Störungen der Darmbesiedlung und damit möglicherweise auch für spätere Erkrankungen wie Asthma, Autoimmunerkrankungen, metabolische Störungen oder Übergewicht. Sie sind am Anfang des Lebens einer nicht-physiologischen Umwelt ausgesetzt. Somit fehlt ihnen die Möglichkeit, sich so vielfältig zu besiedeln wie reifgeborene Kinder. Durch die Umgebung der Intensivstation und den häufigen Einsatz von Antibiotika bei Frühgeborenen aufgrund deren Infektanfälligkeit wird das Gleichgewicht der Mikroorganismen oft gestört. Es kommt zur Besiedelung mit Antibiotika-resistenten Keimen, welche die Reifung des Immunsystems und die Ausbildung einer effektiven Immunantwort negativ beeinflussen können.

Frühgeborene erhielten 28 Tage lang Bifidobakterien und Lactobazillen

Um dies zu kompensieren, haben die Wissenschaftler*innen den Kindern Probiotika, also lebende Mikroorganismen, in die Muttermilch, Spendermilch oder die künstliche Frühgeborenennahrung gegeben. Die häufigsten Bakterien, die natürlicherweise im Mikrobiom reifer, gesunder Neugeborener vorkommen, sind Bifidobakterien und Lactobazillen.

Für die Studie wurden in insgesamt 18 Perinatalzentren 643 Kinder, die zwischen der 28. und 33. Schwangerschaftswoche geboren wurden, nach Geschlecht und Gestationsalter gleichverteilt in die randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie eingeschlossen. Die Behandlung begann innerhalb der ersten 72 Stunden nach der Geburt und dauerte 28 Tage. Am 30. Lebenstag wurde das Mikrobiom der jungen Studienteilnehmenden untersucht.

Probiotika modulieren Mikrobiom in Richtung Eubiose

Die Probiotika konnten die Besiedlung mit multiresistenten Bakterien nicht verhindern: In beiden Gruppen – Studien- und Kontrollgruppe – waren 37 Prozent der Kinder mit sogenannten MDRO+-Bakterien besiedelt (MDRO steht für Multidrug-Resistant Organism). Das Studienteam konnte jedoch beobachten, dass die Kinder, die Probiotika erhalten hatten, eine schnellere Reifung ihres Mikrobioms aufwiesen. Durch die Gabe von Probiotika war ihr Mikrobiom fast so gut ausgereift wie das von Kindern, die termingerecht geboren wurden. Die schnellere Reifung des Frühgeborenen-Mikrobioms durch Probiotika im ersten Lebensmonat sei schon mal ein hoffnungsvolles Zwischenergebnis, sagt Christoph Härtel.

Originalpublikation

Van Rossum T, Haiß A, Knoll RL et al. Bifidobacterium and Lactobacillus Probiotics and Gut Dysbiosis in Preterm Infants: The PRIMAL Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr. Published online August 05, 2024. doi:10.1001/jamapediatrics.2024.2626

Quelle: Universitätsklinikum Würzburg