Hohe Nikotindosen in tabakfreien Nikotinbeuteln

18.06.2024 - Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass angeblich tabakfreie Nikotinbeutel hohe Nikotinmengen abgeben können, zum Teil sogar höhere Dosen als bei Tabakzigaretten. Zudem können sie die Herzfrequenz verändern und die arterielle Gefäßsteifigkeit erhöhen.

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Tabakrauchen ist nach wie vor die führende vermeidbare Todesursache weltweit. Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Die Hauptursache für die Suchterkrankung Tabakabhängigkeit ist dabei der Substanz Nikotin zuzuschreiben. Neuere Konsumformen von Nikotin wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder tabakfreie Nikotinbeutel (Pouches) überschwemmen zusätzlich den Markt. Forschende des LMU Klinikums haben in Kooperation mit dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) aktuell diese neuen Produkte hinsichtlich ihrer Nikotinabgabe, ihres Suchtpotentials und den Auswirkungen auf den Organismus untersucht.

Nachdem viele Jahre die Raucherquoten in Deutschland kontinuierlich gesunken sind, steigen sie aktuell wieder. Neben den klassischen Zigaretten werden viele neue nikotinhaltige Produkte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und tabakfreie Nikotinbeutel, sogenannte Pouches, angeboten. Letztere sind als tabakfreie mit Nikotin getränkte Pflanzenfaserbeutel beim Konsumenten angekommen und sind aufgrund ihrer Applikation (unter der Lippe) unauffällig und überall einsetzbar. In Deutschland sind sie verboten. In vielen europäischen Ländern sind diese Nikotinbeutel bereits legal erhältlich und auch in Deutschland, vor allem bei Jugendlichen, weit verbreitet. Beworben werden sie insbesondere durch soziale Medien.

Ein Forscherteam des LMU Klinikums hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) aktuell eine Studie zu den Auswirkungen von tabakfreien Nikotinbeuteln veröffentlicht: Die Untersuchung zeigt, dass diese neuen, für den oralen Konsum gedachten Produkte, hohe Nikotinmengen abgeben können – bei einigen untersuchten Produkten sogar höhere Dosen als bei Tabakzigaretten.

Studie

In einer einarmigen, fünfteiligen, Cross-Over-Studie mit 15 regelmäßigen Zigarettenrauchern wurden tabakfreie Nikotinbeutel verschiedener Marken mit deklarierten Nikotingehalten von sechs, 20 und 30 Milligramm für jeweils 20 Minuten getestet. Vergleichsprodukte waren nikotinfreie Beutel und Tabakzigaretten. Über einen Zeitraum von 240 Minuten wurden zu festgelegten Zeitpunkten die Plasmanikotinkonzentrationen, die Auswirkungen auf das Verlangen nach Zigaretten und Nebenwirkungen bewertet. Zusätzlich wurden kardiovaskuläre Parameter, einschließlich der arteriellen Gefäßsteifigkeit gemessen.

Teils höhere Nikotinaufnahme bei tabakfreien Nikotinbeuteln als bei einer Zigarette

Die Ergebnisse zeigen, dass der Konsum von 30 Milligramm Nikotinbeuteln zu einer höheren Nikotinaufnahme im Vergleich zur Zigarette führte. Die Nikotinaufnahme in der akuten Phase erfolgte sowohl bei der Verwendung des 30 Milligramm Beutels als auch bei der Zigarette sehr schnell. Die Extraktionsrate des Nikotins variierte zwischen den Beuteln. Alle getesteten Produkte reduzierten das akute Verlangen nach Zigaretten, sogar die nikotinfreien Beutel. Während des Konsums der Zigarette und der Beutel mit 20 und 30 Milligramm Nikotin stieg die Herzfrequenz um etwa 27 bzw. 25 Schläge pro Minute an. Auch die Parameter für die arterielle Gefäßsteifigkeit waren erhöht und alle Beutel führten zu Mundreizungen.

Insgesamt zeigten fast alle untersuchten Produkte eine der Zigarette sehr ähnliche Nikotinanflutung und -abgabe. Von einem hohen Suchtpotenzial der untersuchten Nikotinbeutel muss deshalb ausgegangen werden.

Originalpublikation

Mallock-Ohnesorg N, Rabenstein A, Stoll Y … Rüther T. Small pouches, but high nicotine doses—nicotine delivery and acute effects after use of tobacco-free nicotine pouches. Frontiers in Pharmacology, Mai 2024.DOI=10.3389/fphar.2024.1392027

Quelle: LMU Klinikum