Bitter macht den Magen sauer, aber wie?

27.05.2024 -Im Magen sind sogenannte Parietalzellen für die Säureproduktion verantwortlich. Sie reagieren nicht nur auf körpereigene Botenstoffe, sondern auch auf bitter schmeckende Nahrungsbestandteile wie Koffein. Eine Studie trägt nun dazu bei, die molekularen Regulationsmechanismen aufzuklären, über die Bitterstoffe die Magensäureproduktion beeinflussen.

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Es ist bekannt, dass sich Geschmacksrezeptoren für Bitteres nicht nur auf der Zunge, sondern auch auf der Oberfläche anderer Gewebe und Zellen finden. Dazu gehören auch die Parietalzellen des Magens, die Protonen ins Mageninnere absondern − also Magensäure produzieren. Neuere Studien hatten bereits gezeigt, dass die in Parietalzellen nachgewiesenen Bitterrezeptoren an der Regulation der Magensäurefreisetzung beteiligt sind. Über welche molekularen Signalwege dies erfolgt, ist jedoch noch nicht vollständig verstanden.

Magenzellen als Testsystem

Um mehr über das molekulare Zusammenspiel von Bitterstoffen, Bitterrezeptoren und Magensäureproduktion zu erfahren, hat ein Forschungsteam des Freisinger Leibniz-Instituts eine Studie an einem zellulären Testsystem durchgeführt. Bei diesem handelt sich um menschliche parietale HGT-1-Zellen, die in der Lage sind, Protonen zu sekretieren und wie Geschmackszellen über Bitterrezeptoren verfügen.

Das Team stellte zunächst eine Arbeitshypothese auf, die auf den Ergebnissen früherer Studien basiert und sich an den Erkenntnissen über die Signalweiterleitungswege in Geschmackszellen orientiert. Demnach stimulieren bittere Lebensmittelinhaltsstoffe Bitterrezeptoren, die in der Zellmembran eingebettet sind. Hierdurch werden innerhalb der Zellen Kalziumionen frei, die zur Öffnung von Ionenkanälen führen. Dies wiederum lässt Natriumionen von außen in die Magenzellen einströmen, was schließlich zur Protonenfreisetzung beiträgt.

Hypothese bestätigt

Die Forschenden haben diesen Mechanismus erfolgreich mit den beiden Bitterstoffen Koffein und L-Arginin getestet. Wie aufgrund früherer Studienergebnisse zu erwarten war, stimulierten beide Lebensmittelinhaltsstoffe in dem Testsystem nachweislich die Protonensekretion der Magenzellen. Neu sei, dass jetzt erstmals nachgewiesen werden konnte, dass die Transient-Receptor-Potential-Kanäle M4 und M5 nicht nur in Geschmacks-, sondern auch in Magenzellen an der Signalkaskade beteiligt sind und für einen Einstrom von Natriumionen in die Zellen sorgen, erklären die Wissenschaftler.

Durch den Einsatz von Knock-out-Versuchen, bei denen die Forschenden gezielt einen Bitterrezeptortyp in den Testzellen ausschalteten, konnten sie zudem erstmals zeigen, dass es eine Verbindung zwischen Bitterrezeptoren und der Aktivierung der Ionenkanäle gibt. Die Wissenschaftler betonen, dass die Ergebnisse nicht nur dazu beitragen, die Rolle von Geschmacksrezeptoren im Magen besser zu verstehen, sondern auch zeigen, dass HGT-1-Zellen als Ersatzmodell für Geschmackszellen geeignet sein könnten.

Das Forschungsteam ist sich einig, dass die Ergebnisse neue Einblicke in die Regulation der Magensäureproduktion ermöglichen und so langfristig zu innovativen Ansätzen in der Behandlung von Magenerkrankungen führen. Weitere Studien seien jedoch erforderlich, um das Wissen über die molekularen Regulationsmechanismen und intrazellulären Signalwege zu vertiefen.

Originalpublikation

Richter P, Andersen G, Kahlenberg K, Mueller AU, Pirkwieser P, Boger V, Somoza V. Sodium-Permeable Ion Channels TRPM4 and TRPM5 are Functional in Human Gastric Parietal Cells in Culture and Modulate the Cellular Response to Bitter-Tasting Food Constituents. J Agric Food Chem 2024; 10:1021/acs.jafc.3c09085.

Quelle: Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB), Mai 2024